15.10.2025

Zusammenspiel gestalten

Wie aus Technik, Struktur und Haltung systemische Wirkung entsteht
 

Wertschöpfung entfaltet ihre volle Wirkung nicht durch Exzellenz in Einzeldisziplinen – sondern durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Gestaltungsebenen im Kontext aller Achsen des 3×3×3-Würfels. Ein technisch brillantes System (Sachebene) bleibt wirkungslos, wenn die Organisation (Organisationsebene) es nicht tragen kann oder Menschen (Personenebene) sich nicht verantwortlich fühlen. Genauso gilt: Eine agile Struktur versandet, wenn sie strategisch nicht verankert ist, und eine motivierte Belegschaft scheitert, wenn Produkte oder Prozesse nicht anschlussfähig sind.

 

In den bisherigen Artikeln dieser Staffel haben wir die drei Gestaltungsebenen der Wertschöpfung im Detail betrachtet: Sache, Organisation und Person. Jede für sich ist wesentlich – doch erst ihr systemisches Zusammenspiel macht ein Unternehmen zukunftsfähig. Diese Integration wird noch kraftvoller, wenn wir sie nicht isoliert betrachten, sondern in den Zusammenhang der beiden weiteren Achsen des 3×3×3-Würfels einordnen:

  • Steuerungsphasen: Strategie, Planung, Umsetzung
  • Wertschöpfungsdimensionen: Produkt, Prozess, Zusammenarbeit

So entsteht ein vollständiges Bild: Jede Gestaltungsebene wirkt in jeder Steuerungsphase und prägt jede Wertschöpfungsdimension – und umgekehrt.

 

Die drei Ebenen im Überblick – und in Wechselwirkung mit den anderen Achsen

Die drei Ebenen des 3x3x3-Systemwürfels der Wertschöpfung lassen sich als Antwort auf drei zentrale Gestaltungsfragen verstehen:

  • Sachebene: Was genau soll entstehen? → Technische Substanz, Funktion, Struktur
  • Organisationsebene: Wie steuern wir den Wandel? → Prozesse, Rollen, Führung
  • Personenebene: Wer trägt Verantwortung – und warum? → Haltung, Sinn, Beteiligung

Diese Fragen sind nicht sequenziell, sondern simultan. In jedem Projekt, jeder Transformation, jeder Innovation wirken sie parallel – oft unausgesprochen. Die Kunst systemischer Führung liegt darin, sie bewusst zu machen, miteinander zu verbinden und zugleich ihre Verknüpfung zu Steuerungsphasen und Wertschöpfungsdimensionen im Blick zu behalten.

 

Was passiert ohne Integration?

Fehlende Integration führt zu typischen Mustern, die in der Praxis oft sichtbar werden:

  • Technik entwickelt sich losgelöst von organisatorischer Realität – z. B. in Form von überkomplexen Systemen, die in der Umsetzungsphase nicht betreibbar sind.
  • Organisationen reformieren ihre Prozesse, ohne die technische Seite mitzudenken – etwa durch Change-Projekte, die mit bestehenden IT-Landschaften kollidieren.
  • Menschen sollen sich „einbringen“, ohne dass sie den Sinn des Vorhabens verstehen oder die strategische Relevanz erkennen.

Solche Brüche entstehen nicht nur zwischen den Gestaltungsebenen – sie sind Ausdruck mangelnder Verknüpfung aller Achsen des 3×3×3-Würfels.

 

Wie gelingt Integration? Drei Prinzipien

  1. Mehrdimensional denken – nicht linear abarbeiten
    Gestaltung muss entlang aller Achsen erfolgen: In jedem Vorhaben von Beginn an alle drei Ebenen, die relevanten Steuerungsphasen und die betroffenen Wertschöpfungsdimensionen mitdenken. Technische Konzepte (Sachebene) brauchen gleichzeitige Reflexion über Organisation und Beteiligung – genauso wie Klarheit über strategische Ziele, planerische Absicherung und operative Umsetzung. Veränderungen in der Zusammenarbeit müssen technische und strukturelle Voraussetzungen prüfen.
  1. Räume für Dialog zwischen den Achsen schaffen
    Integration geschieht nicht auf PowerPoint-Folien – sondern in Gesprächen, in denen sich Technik, Organisation und Mensch mit Strategie, Planung und Umsetzung verknüpfen. In denen Entwickler mit Betriebsleitern sprechen, Projektleiter mit Endnutzern, Führungskräfte mit Teams. Gute Integration ist dialogisch und verbindet alle Perspektiven.
  1. Führung als Integrationsarchitektur verstehen
    Führung achtet auf Spannungen zwischen den Ebenen, bringt unterschiedliche Logiken ins Gespräch und verknüpft diese mit der zeitlichen Struktur der Steuerungsphasen und den inhaltlichen Schwerpunkten der Wertschöpfungsdimensionen. Systemische Führung fragt: Wie wirken unsere Entscheidungen auf Technik, Struktur und Haltung – und gleichzeitig auf Produkt, Prozess und Zusammenarbeit?

 

Beispiel: Einführung eines digitalen Assistenzsystems

Ein Unternehmen möchte ein KI-gestütztes Assistenzsystem für die Produktionsplanung einführen. Auf den ersten Blick eine Sachebene-Frage. Doch systemisch gedacht stellt sich das Vorhaben so dar:

  • Sachebene: Welche Funktionen soll das System haben? Welche Algorithmen, Datenmodelle, Schnittstellen braucht es? (Produkt-Dimension)
  • Organisationsebene: Welche Prozesse werden verändert? Wer ist verantwortlich für Datenpflege, Systempflege, Weiterentwicklung? Wie sieht der Rollout aus? (Prozess-Dimension)
  • Personenebene: Wer arbeitet mit dem System? Welche Schulungen sind nötig? Welche Sorgen, Fragen, Vorbehalte gibt es? Wer übernimmt Verantwortung? (Zusammenarbeits-Dimension)

Parallel dazu wirkt jede dieser Fragen in den Steuerungsphasen Strategie, Planung und Umsetzung – vom konzeptionellen Zielbild über die detaillierte Ausgestaltung bis zur Einführung im Alltag.

 

Integration ist kein Zustand – sondern ein Prozess

Systemische Integration ist nie abgeschlossen. Sie ist ein fortlaufender Aushandlungsprozess – zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Wandel und Stabilität, zwischen Vision und Alltag. Sie erfordert keine perfekte Lösung – sondern ein gemeinsames Verständnis darüber, was zusammengehört.

 

Fazit: Führung im Zusammenspiel

Systemische Wirkung entsteht, wenn Sache, Organisation und Person gemeinsam mit den Steuerungsphasen und Wertschöpfungsdimensionen gedacht und gestaltet werden. Das erfordert Mut, Dialogbereitschaft – und ein Führungsverständnis, das nicht auf Kontrolle, sondern auf Verknüpfung setzt.

 

Damit ist auch die zweite Achse des 3×3×3-Würfels beleuchtet. In der nächsten Staffel richten wir den Blick auf die Wertschöpfungsdimensionen: Produkt, Prozess und Zusammenarbeit. Wir zeigen, wie sich technische, organisatorische und menschliche Logiken in diesen Dimensionen entfalten – und warum ihre bewusste Integration der Schlüssel zu nachhaltiger Wertschöpfung ist.

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