17.09.2025
Gestaltungsebenen bewusst verknüpfen
Wertschöpfung ist mehr als ein Ergebnis. Sie ist ein Prozess, eine Bewegung, eine fortlaufende Auseinandersetzung mit einer Welt, die sich verändert. Wer unternehmerisch denkt und handelt, gestaltet Zukunft – mit Produkten, mit Prozessen, in Zusammenarbeit. Doch Gestaltung ist kein einheitlicher Vorgang. Sie entfaltet sich auf verschiedenen Ebenen – und genau darin liegt ihre Kraft wie auch ihre Herausforderung.
In klassischen Unternehmensmodellen wird oft zwischen „Technik“ und „Organisation“ unterschieden – gelegentlich kommt noch das „Menschliche“ hinzu. Doch diese Unterscheidungen bleiben meist schematisch. Was fehlt, ist eine klare Struktur für das Zusammenspiel dieser Perspektiven. Hier setzt das Systemmodell der Gestaltungsebenen an: Es unterscheidet zwischen Sachebene, Organisationsebene und Personenebene – drei Blickrichtungen, die jede Veränderung durchdringen und gemeinsam wirksam werden müssen.
Der 3x3x3-System-Würfel der Wertschöpfung: Drei Achsen als systemisches Fundament

Der 3x3x3-System-Würfel der Wertschöpfung verknüpft drei Steuerungsphasen (Strategie – Planung – Umsetzung), drei Wertschöpfungsdimensionen (Produkt – Prozess – Zusammenarbeit) und eben jene drei Gestaltungsebenen, um die es in dieser Artikelstaffel geht: Sache, Organisation, Person.
Diese Ebenen sind keine Kategorien im Sinne von Abteilungen oder Rollen – sie sind grundsätzliche Denk- und Handlungsperspektiven auf jedes Vorhaben, jeden Wandel, jedes Projekt. Sie beantworten systemisch die Frage: Was genau wird gestaltet – und auf welcher Ebene entfaltet sich Wirkung?
Sachebene – Was gestaltet wird
Die Sachebene ist das, was wir üblicherweise mit „Technik“ oder „System“ meinen. Hier geht es um Produkte, Prozesse, Funktionen, technische Architekturen und inhaltliche Substanz. Sie ist der materielle Ausdruck der Wertschöpfung: Maschinen, Software, Baugruppen, Datenmodelle, Plattformen.
Doch Technik entsteht nicht im luftleeren Raum. Sie wird entwickelt, entschieden, verantwortet. Sie ist eingebettet in ökonomische, soziale und organisatorische Kontexte. Deshalb greift es zu kurz, Technik nur als Funktionssammlung zu sehen. Auf der Sachebene wird gedacht, konzipiert, entwickelt – aber auch getestet, bewertet und industrialisiert.
Die Fragen auf dieser Ebene lauten:
- Was genau wollen wir realisieren?
- Wie sieht das System aus – technisch, funktional, strukturell?
- Welche Anforderungen, Schnittstellen, Plattformlogiken sind zu berücksichtigen?
Gute Gestaltung auf der Sachebene verlangt methodische Präzision, Systemverständnis und die Fähigkeit, Komplexität zu strukturieren – ohne sie zu reduzieren.
Organisationsebene – Wie gestaltet wird
Die Organisationsebene fokussiert auf Strukturen, Abläufe, Steuerungssysteme. Sie beantwortet die Frage: Wie organisieren wir den Wandel? Welche Prozesse ermöglichen Entwicklung? Welche Führungsprinzipien stiften Orientierung? Wie sieht die Governance aus – und wer entscheidet was?
Organisationen sind soziale Systeme – sie folgen eigenen Regeln, Mustern und Dynamiken. Wer sie gestalten will, muss Spannungen erkennen, Kommunikationswege verstehen und Verantwortung klären. Gerade bei Transformationen zeigt sich oft: Technisch wäre vieles machbar – aber organisatorisch nicht anschlussfähig.
Hier entstehen Architekturfragen im Sinne von Aufbau- und Ablauforganisation. Aber auch Fragen nach Rollen, Eskalationswegen, Entscheidungslogiken oder Change-Architekturen. Organisationale Gestaltung bedeutet: Stabilität und Wandel zugleich ermöglichen.
Die Fragen auf dieser Ebene lauten:
- Wer ist verantwortlich?
- Wie sind Ressourcen und Prozesse strukturiert?
- Welche Steuerung braucht das Vorhaben?
Gute Gestaltung auf der Organisationsebene verlangt Klarheit, Prozesskompetenz und die Fähigkeit, Dynamik zu steuern, ohne sie zu blockieren.
Personenebene – Wer gestaltet
Die Personenebene ist vielleicht die oft unterschätzte – dabei wirkt sie durch alle anderen Ebenen hindurch. Denn jedes technische System wird von Menschen gedacht. Jede Organisation wird durch Kommunikation und Verhalten geformt. Jeder Wandel braucht Beteiligung.
Hier geht es um Haltung, Sinn, Kommunikation, Kompetenz – um das, was Menschen mitbringen, erleben, einbringen. Gestaltung auf dieser Ebene fragt:
- Wer trägt das Vorhaben – intellektuell, emotional, praktisch?
- Welche Fragen stellen wir?
- Welche Gespräche führen wir?
- Welche Kultur leben wir?
Diese Ebene ist nicht „weich“, sondern hochwirksam. Sie entscheidet mit darüber, ob Verantwortung übernommen wird, ob Wissen geteilt wird, ob Lernprozesse entstehen.
Gute Gestaltung auf der Personenebene verlangt Empathie, Dialogfähigkeit, Lernbereitschaft – und ein tiefes Verständnis für die Bedeutung von Resonanz und Beteiligung.
Integration der Ebenen – Wirkung entsteht im Zusammenspiel
Die drei Ebenen wirken nicht nebeneinander – sie sind wechselseitig verschränkt. Technik ohne Organisation bleibt stecken. Struktur ohne Sinn erzeugt Leere. Beteiligung ohne Inhalt wird beliebig. Erst im Zusammenspiel entsteht Wirkung.
Beispiel: Ein Unternehmen möchte ein neues Softwaremodul zur Produktionssteuerung einführen.
- Auf der Sachebene wird das System spezifiziert: Schnittstellen, Funktionen, Algorithmen.
- Auf der Organisationsebene wird entschieden: Wer betreibt das System, wer hat welche Rechte, wie sieht der Supportprozess aus?
- Auf der Personenebene stellt sich die Frage: Wer versteht die neue Logik? Welche Ängste entstehen? Wie wird der Nutzen kommuniziert?
Nur wenn alle drei Ebenen mitgedacht und integriert werden, wird die Einführung erfolgreich – nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch und kulturell.
Fazit: Gestaltung ist mehrdimensional
Wer Wert schaffen will, muss verstehen, wo Wirkung entsteht – und wo sie scheitern kann. Die Gestaltungsebenen Sache, Organisation und Person bilden ein systemisches Raster für jede unternehmerische Herausforderung. Sie machen sichtbar, was oft implizit bleibt – und sie helfen, Projekte, Transformationen und Innovationen gezielter zu strukturieren.
Die große Chance liegt in der Integration. Wer die Ebenen isoliert behandelt, erzeugt Brüche. Wer sie verbindet, schafft Konsistenz, Orientierung – und echte Wirkung.
Ausblick auf den nächsten Artikel
Im nächsten Artikel geht es um Sachebene mit Substanz – wie technische Systeme robust, anschlussfähig und zukunftsfähig gestaltet werden.